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Bogensport im Schulunterricht

Mittwoch 8. Dezember 2021

Montag und Mittwoch sind die Augen im Rahmen der Förderstunde auf ein Ziel gerichtet. Die Mitte, das Gelbe, der innere Kreis will getroffen werden. Hierzu versammeln sich ca. drei bis vier Schüler*innen für 45 Minuten in der Turnhalle.

Bogensport im Unterricht – geht das, was bringt das, ist das nicht zu gefährlich?

Um diese Fragen zu beantworten, wollen wir der Sache mal auf den Grund gehen und genauer auf die Unterrichtseinheit und ihren pädagogischen Ansatz hinschauen.

Ja, die Bögen, vor allem die Pfeile, können durchaus gefährlich werden – dies bei falscher Handhabe, Missbrauch oder wenn man beides als bloßes Spielzeug anschaut. Die von uns benutzten Bögen und Pfeile sind aber kein Spielzeug, es sind Waffen.

Waffen, um den Geist und den Körper in Einklang zu bringen, um der Seele Ruhe zu gönnen und um sich in seinem Tun zu reflektieren.
Um all dies erreichen zu können, beginnen wir die Stunde mit dem richtigen Aufbau. Die Turnhalle bekommt von außen eine Kennzeichnung – Achtung Bogenschießen -, die Türe wird geschlossen, und die notwendigen Materialien werden sorgfältig aufgebaut. Der schützende Vorhang wird als Hintergrund vorgezogen, die Zielscheibe wird aufgestellt und im nötigen Abstand werden die gespannten Bögen und Pfeile abgelegt. Die äußeren Gegebenheiten sind nun vorhanden.

Die Schüler lernen, den Pfeil einzulegen und sich in die richtige Stand- und Körperposition zu bringen. Nun darf der Atem ruhig werden, ich darf mich sammeln und ganz auf ein Ziel ausrichten. Stehe ich richtig? Halte ich die Sehne richtig? Bilden meine Arme eine Linie? Bin ich am Boden verankert und bildet meine Auge-Hand Koordination eine Ebene mit dem eingelegten Pfeil? Ist mein Blick auf das Ziel gerichtet? Kann ich überhaupt loslassen?

Viele Dinge, auf die jeder am Anfang nicht gleichzeitig achten kann, die vielleicht auch außerhalb der üblichen oder auch eingeschränkten Wahrnehmung liegen – aber wir arbeiten uns Schritt für Schritt an diese „Stolpersteine“ ran und versuchen ein Bewusstsein für das eigene Tun zu erlangen.

Aus heilpädagogischer Sicht, hat die Vorbereitung und Durchführung viel mit dem Körpergefühl, der Koordination und Körpergeographie zu tun. Wie erlebe ich meine Körperlichkeit? Habe ich ein Bewusstsein für die Stellung meiner Füße? Kann ich Spannung aufbauen, ohne dabei den ganzen Leib zu bewegen? Bietet mir meine Feinmotorik die Möglichkeit, die Sehne mit zwei Fingern in die nötige Spannung zu bringen? Und dann kommt da auch noch der Moment des Loslassens. Etwas, was nicht immer leicht fällt.

Fasse ich die Erlebnisse und Bemühungen für diesen ersten Teil zusammen, so entstehen Begriffe wie:

  • Strukturierung und Aufbau durch regelmäßiges Tun
  • Wie stehe ich zu den Dingen
  • Bewegungsabläufe schulen
  • Im Augenblick sein
  • Wir fassen ein Ziel ins Auge, bevor wir handeln
  • Körpergefühl, Koordination
  • Achtsamkeit
  • Reduzierte Muskelspannung – jedoch Körperspannung
  • Atmung/Sammlung/Ruhe
  • Auge-Hand Koordination
  • Ankerpunkt
  • Souveräne Entscheidung zum Loslassen
  • Wahrnehmung der vollzogenen Handlung

Um hier positive Übungsschritte zu vollziehen, braucht es Geduld und gleichbleibende Wiederholung. Fachgerechtes Material, geübte Schusstechnik sind wichtig – dennoch führt auch kein Weg am inneren Zustand vorbei. Auch er führt den Pfeil ins Ziel.

Eugen Herrigel hat einmal gesagt: „ das Bogenschießen kann somit unter keinen Umständen den Sinn haben, mit Bogen und Pfeil äußerlich, sondern mit sich selbst etwas auszurichten.“

Diese Anliegen ist ohne Zweifel einer der schwierigsten Übungen für die meisten Schüler*innen. Wenn die Technik, die Körperhaltung und die Ausrichtung durch die Üb-Stunden geschmeidiger vollzogen werden können, kommt noch der Anspruch an die innere Haltung – Ruhe, Gelassenheit und der Wille, das Ziel ins Auge zu fassen.

Aus Sicht der heilpädagogischen Menschenkunde, kann man sich zu den oben aufgeführten Anliegen einige Gedanken machen. Leib, Seele und Geist, lassen sich, ebenso wie die vier Wesensglieder, den Gedanken gut zuordnen und finden, wie bei allen Übungen, einen differenzierten Anklang.

Im täglichen Tun, arbeiten wir selten wirklich bewusst mit diesem Hintergrund – Abläufe, selbstverständliche Tätigkeiten und gewohnte Verrichtungen, knüpfen wir normalerweise nicht immer an dieses Denken an – in der heilpädagogischen Bemühung sind diese Hintergründe aber wichtig und dienen dem Pädagogen als Ausrichtung für seine Arbeit mit den Kindern und Jugendlichen. Die Anthroposophie ist hierbei nicht der Inhalt der Bemühung oder der Tätigkeit, sondern sie ist die Methode, den Inhalt zu erkennen und sich an ihm mit dieser Methode auszurichten und den Bemühungen den entsprechenden Weg zu ebnen.

Nun wären wir wieder bei dem Ziel.
Nicht nur der Pfeil soll die Mitte, das Gelbe oder den inneren Kreis treffen, sondern auch die Bemühung, den Kindern und Jugendlichen auf ihrem biographischen Weg an das eigene richtige Ziel zu führen. Die Bogensport-Stunde will hierzu einen kleinen Beitrag leisten.

Kontakt

Burkhard Haus
Vorstand / Lehrer

b.haus@camphill-schulgemeinschaften.de

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